SEBASTIAN GAHR 2023
Denkmalpflegerisches Gesamtkonzept für die Wohnhausanlage „Wohnen Morgen“ in Hollabrunn
Ihren Ursprung hat die Wohnhausanlage „Wohnen morgen“ Hollabrunn (NÖ) in der gleichnamigen programmatischen Wettbewerbsreihe des Bundesministeriums für Bauten und Technik der österreichischen Wohnbauforschung. Der Wettbewerb sollte in wirtschaftlich vertretbarem Rahmen neue Impulse für die Erstellung zeitgerechter sowie zukunftsweisender Wohnhausanlagen aufzeigen.
Anfang März 1972 zeichnete das Preisgericht das Projekt unter der Federführung des Architekten Ottokar Uhl mit dem 1. Platz aus. Wegweisend hierzu waren gemäß Preisgericht die Anpassungen des Projektes an die landschaftlichen Gegebenheiten, die allgemein offene Baustruktur sowie die humane Gesinnung des Projektverfassers mit dem „Mensch als Maß aller Dinge“.
Das Projekt wurde durch eine interdisziplinäre Forschungsgruppe begleitet, welche die Partizipation der Wohnungsnutzer am Planungsprozess untersuchen sollte. Die Möglichkeiten individualisierter Wohnungen in der standardisierten Fertigung sowie die bautechnischen Möglichkeiten unter dem wirtschaftlichen Aspekt der Relation von Herstellungs- und Betriebskosten wurden ebenfalls untersucht.
Die strikte Trennung zwischen Primär- und Sekundärstruktur ermöglichte den Wohnungsnutzer:innen ihre Vorstellungen und Wünsche bezüglich Lage, Größe und Raumaufteilungen innerhalb von insgesamt acht in den Grundzügen vorgegebenen Wohnungstypen zu verwirklichen.
Erweiterungsmöglichkeiten sollten den Bewohner:innen die Chance bieten, je nach Lebensphase, ihre Wohnungen nach wechselnden Bedürfnissen und finanzieller Liquidität umzugestalten. Die Wohnhausanlage „Wohnen morgen“ in Hollabrunn steht in Österreich prototypisch für partizipative Ansätze im Wohnungsbau.
Die Wohnhausanlage ist – zumindest was die äußere Erscheinung betrifft – zu einem Großteil in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten und hat ihren Charakter bewahrt. Ziel dieser Arbeit ist eine kritische Auseinandersetzung mit der Wohnhausanlage, welche eine umfassende Analyse des Bestandes im Hinblick auf seine Denkmalwerte enthält. Dies unter der Beachtung der bisherigen Veränderungen der Bausubstanz, deren Verluste sowie des zugrundeliegenden architektonischen Konzepts. Es stellt sich die Frage nach einem Erhaltungskonzept, welches diesem Pionierwerk des experimentellen Wohnbaus aus der 1970er Jahren gerecht werden kann. Ebenso stellt sich die Frage ob und gegebenenfalls wie die Wohnhausanlage wegweisend für die Zukunft weiterentwickelt werden kann.