Entwerfen Umschulung notwendig

251.193 8,0 h (10,0 ECTS)

Umschulung notwendig - Neue Ideen für die ehemalige Tourismusschule MODUL

Entwerfen und Denkmalpflege II

Alessandro RINTALLO
Anna MÖLK
Nina ARMBERGER

Einführung
Dienstag, 05.03.2024, 14:00 Uhr,
Seminarraum 257

Termine
wöchentlich Dienstag, 14:00 – 19:00 Uhr, SR 257 (Stiege 5, 2. Stock).

Anmeldung
Bewerbung via TISS bis 19.02.2024

Lernergebnisse
Nach positiver Absolvierung der Lehrveranstaltung sind Studierende in der Lage, eine fundierte Haltung gegenüber einem erhaltenswerten Gebäude zu entwickeln und ihre Vorschläge im Umgang begründen zu können.

Zunächst erlernen Studierende die Fähigkeit, ein Bestandsgebäude umfassend zu analysieren: Neben den städtebaulichen, funktionellen und baukonstruktiven Eigenschaften soll dabei auch die künstlerische, kulturelle und geschichtliche Bedeutung herausgearbeitet werden. Auf Grundlage dieser Analyse werden die Studierenden in der Lage sein, eine Bewertung vornehmen und festlegen zu können, welche Bauteile und Bereiche ihres Erachtens nach erhalten, angepasst oder auch verändert werden sollen.

Die Studierenden erlernen darüber hinaus, ein geeignetes Nachnutzungskonzept und einen architektonischen Entwurf auszuarbeiten – dabei Suffizienz- und Nachhaltigkeitsaspekte zu integrieren – und schließlich in den erwähnten Abwägungsprozess miteinzubeziehen.

Inhalt der Lehrveranstaltung
Das in der Peter-Jordanstraße 78–80, unmittelbar am Türkenschanzpark in Wien-Döbling gelegene Gebäude der ehemaligen Tourismusschule MODUL wurde von 1973–75 nach Plänen des Architekten Josef Fleischers und des Statikers Robert Krapfenbauers errichtet. Es wurde seinerzeit von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien (heute Wirtschaftskammer Wien) in Auftrag gegeben, die das Gebäude fast 50 Jahre lang als Ausbildungsstätte im Bereich der Tourismus- und Freizeitwirtschaft nutzten sollte.

Das 6-geschossige Gebäude beherbergte zur Eröffnung neben den verschiedensten Schulräumen (EG, OG 1 bis 3) zusätzlich ein Mädchen-Internat (OG 3) sowie aufgrund des praxisnahen Unterrichtsansatzes auch ein (Schul-)Hotel (OG 4 bis 5) und Restaurant (OG 2). Darüber hinaus verfügte das Gebäude im Keller über eine Turnhalle sowie Räume für Schwimmbad- und Saunabetrieb. Das Raumprogramm folgte damals einem von Fachleuten und Pädagog*innen eigens für diesen neuen Schultypus erstellten Lehrkonzept.

Den unterschiedlichen räumlichen Anforderungen begegnete Fleischer mit der Konzeption eines achteckigen Rastersystems, das sich sowohl an den modularen und variablen Grundrissen als auch an der Kubatur abzeichnet. Das zentralsymmetrisch organisierte Gebäude wurde als Skelettbau samt zeittypischer vorgehängter, eloxierter Aluminiumfassade konzipiert, das Tragwerk besteht aus Stahlbeton-Decken und achteckigen Stahlbeton-Stützen. Die resultierenden großen Spannweiten erlaubten eine freie und während der Nutzung flexible Raumaufteilung. Für diese Zwecke kamen vor allem im Bereich der Schulungsräume zahlreiche verschiebbare Wandelemente zum Einsatz.

Trotz diverser Umbauten (besonders in den 1990er und 2000er Jahren) sind bis heute innen und außen viele bauzeitliche Charakteristika erhalten. Die ehemalige Tourismusschule MODUL stellt damit ein bemerkenswertes bauliches Unikat dar, das in Österreich zu den wenigen noch erhaltenen, im Geist des Strukturalismus errichteten Gebäuden zählt.

Mit dem Auszug der Tourismusschule MODUL im September 2023 steht dem Gebäude nun eine ungewisse Zukunft bevor. Trotz der zahlreichen denkmalwürdigen Eigenschaften und der jahrzehntelangen Nutzungskontinuität galt das Gebäude als Ausbildungsstätte der Wirtschaftskammer Wien zuletzt als „nicht mehr zeitgemäß“. Zu dieser Einschätzung trägt, neben der eigenwilligen Grundrissorganisation und zeittypischen Materialwahl, besonders der hohe Technisierungsgrad bei. Zur technischen Gebäudeausstattung zählten zur Eröffnung ein Fernsehstudio, Fotolabor und grafisches Büro (alle zur Erstellung eigener Unterrichtsprogramme), eine mechanische Lüftungs- und Klimaanlage, eine vollautomatische Müllverarbeitungsanlage sowie ein Notstromaggregat und eine Wasseraufbereitungsanlage. Alles überwacht und gesteuert durch ein zentrales Gebäudeautomationssystem. Dass diese Vielzahl an Anlagen zuletzt veraltet und am Ende ihrer Lebensdauer angelangt waren, lässt sich nicht von der Hand weisen. Und auch mit Blick auf eine künftige Nachnutzung wird der Umgang mit diesen eine gewichtige Herausforderung darstellen.

Eine vollständige Entkernung oder gar der Abriss des Gebäudes ließen sich somit leicht rechtfertigen. Und auch die Wiener Bauordnung stellt sich einem möglichen Abriss des Gebäudes nicht entgegen (kein Denkmal, kein Teil einer Schutzzone und nach 1945 errichtet). Aufgrund der denkmalwürdigen Eigenschaften, aber auch aus Nachhaltigkeitsaspekten soll mit dem Entwerfen im Sommersemester 2024 jedoch eine andere Strategie verfolgt werden: Es werden Vorschläge zur Erhaltung gesucht, eine „Umschulung“ des Gebäudes wird dabei notwendig.

Methoden

  • Bestandsanalyse (Quellenforschung, Plananalyse, Begehung, Dokumentation, Kartierung, etc.)

  • Planaufbereitung und -zeichnung

  • Beschäftigung mit Referenzobjekten und übergeordneten Themen

  • Denkmalpflegerisches Konzept (Bewertung des Bestandes und Abwägung der baulichen Maßnahmen)

  • Nutzungskonzept und architektonischer Entwurf

  • Modellbau


Korrekturtermine: jeweils dienstags zwischen 14:00–19:00; Seminarraum 257 (Ausnahme: Dienstag, 12.03.2024, 9:00–13.00 Uhr, Seminarraum Argentinierstraße)

Exkursion: Die Lehrveranstaltung ist gekoppelt an die Exkursion (LVA 251.194)

In einer verpflichtenden Exkursion vom 08. bis 12. April 2024 in Wien werden vornehmlich Verwaltungs- und Bürobauten der Nachkriegsmoderne besichtigt.

Die An- und Abreise ist von den Studierenden jeweils selbst zu organisieren und zu begleichen.

Sonstiges:

Das Entwerfen findet in deutscher Sprache statt.

Diese Lehrveranstaltung ist Teil der Initiative des Jahresthemas 2023/24 „Transformation des Bestands“. Weitere Informationen und die Übersicht aller teilnehmenden LVAs findet ihr unter folgendem Link: https://futurelab.tuwien.ac.at/jahresthema-2023-24