Johannes Paintner 2024
Wider das Verschwinden der Dinge: Zivilgesellschaftliche Akteure und Strategien für den Erhalt abrissgefährdeter Gebäude in Deutschland
Vor dem Hintergrund der weltweit drohenden Klimakatastrophe werden seit einigen Jahren Rufe nach einem Umdenken im Bausektor, der durch Abfälle und Emissionen maßgeblich zur Problematik beiträgt, laut. Dieser „Bauwende“ kann sich aus verschiedenen Haltungen und Positionen heraus genähert werden, Konsens ist jedoch, dass die Erhaltung und Wiederverwendung bestehender Strukturen und damit die Bewahrung der darin gespeicherten grauen Energie ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zu einer klimaverträglichen Baukultur sind. Darüber hinaus könnte ein veränderter Umgang mit dem Baubestand Lösungen für weitere gesellschaftliche Probleme beinhalten. Trotz dieser Erkenntnisse werden Gebäude und Großstrukturen weiterhin abgebrochen.
Mit Projekten wie dem „Abrissmoratorium“, dem „Haus der Erde“ oder der „MusterUMbauordnung“ versuchen unter anderem Institutionen wie der Bund Deutscher Architekten und Architects for Future ein Bewusstsein für mögliche Lösungen zu schaffen. Datenbanken wie der „Abriss-Atlas“ und „SOS-Brutalismus“ verknüpfen – neben der Verdeutlichung der Dimension der Problematik – diese Dimension mit konkreten Einzelfällen und bauen so Bezüge zu den Bewohnern, Nutzern, Nachbarn und Interessierten an diesen gebauten Umwelten auf. In den letzten Jahren waren verschiedene Initiativen mit ihren Erhaltungsabsichten für einzelne Objekte erfolgreich und konnten die betreffenden Strukturen wieder einer Nutzung zuführen, häufig auch als spätere Nutzer*innen.
Ziel der Arbeit ist es – vor dem Hintergrund der Bauwende – zu untersuchen, mit welchen Strategien diese Initiativen zum Erfolg, also der Verhinderung des Abrisses, kamen und mit welchen Akteur*innen sie dafür zusammengearbeitet haben. Auf Grundlage dieser Sammlung sollen mögliche Zusammenhänge und Gemeinsamkeiten, sowie Unterschiede zwischen den Herangehensweisen aufgezeigt werden und so die Grundlagen für ein Instrumentarium für zukünftige Initiativen geschaffen werden.
Um die Potentiale des Bestandes zu zeigen und einen Beitrag zur Erhaltung zu leisten, wird als architektonischer Exkurs in enger Zusammenarbeit mit der Initiative zum Erhalt des Justizzentrums in der Nymphenburgerstraße in München ein konzeptueller Entwurf für die Nachnutzung dieses Gebäudes erstellt.