Birgit Knauer 2015
Die Assanierung der Stadt Wien (1934-38).
Regulierungsmaßnahmen zwischen Stadtgestaltung und Denkmalschutz
Das Dissertationsvorhaben befasst sich mit der „Assanierung“ der Stadt Wien in den Jahren des Österreichischen Ständestaats (1934-38), die unter Bürgermeister Richard Schmitz umgesetzt wurde und das Stadtbild der Bundeshauptstadt durchaus entscheidend prägte.
Die christlich-soziale Stadtregierung stellte im Rahmen des im Jahr 1934 eingeführten „Assanierungsfonds“ und des „Hausreparaturfonds“ finanzielle Mittel zur Verfügung, um das Stadtbild Wiens von seinen „unharmonischen Zügen“ zu befreien und veraltete Bausubstanz zu entfernen, die in „gesundheitlicher und wirtschaftlicher Hinsicht“ nicht mehr den „neuzeitlichen Anforderungen“ entsprach (Abb.1). Die Eingriffe wurden an mitunter markanten städtebaulichen Punkten gesetzt. Beispielhaft sei an dieser Stelle auf die Abtragung des Freihauses und die dortige Anlage der Operngasse sowie die Errichtung daran angrenzender „Assanierungsbauten“ verwiesen. Im Zuge der Maxime „Wien im Aufbau“ wurden jedoch nicht nur zahlreiche „verkehrsbehindernde“ Altbauten entfernt, auch die als „Fassadeninstandsetzung“ oder „Hausrenovierung“ bezeichnete Abtragung historischer Putzfassaden wurde gefördert (Abb.2). Neben der Anpassung des Stadtgrundrisses an die nunmehr veränderten verkehrstechnischen Anforderungen und der Verbesserung der Wohnverhältnisse, versprach man sich von den genannten Maßnahmen also nicht zuletzt auch eine „Verschönerung“ des Stadtbildes.
Das von mir gewählte Dissertationsvorhaben verknüpft dieses bisher kaum beachtete Themenfeld der Architektur- und Stadtgeschichte Wiens mit der Geschichte der Denkmalpflege. Die Untersuchung der „Assanierung“ im Kontext der zeitgleichen theoretischen Diskurse der Denkmalpflege und praktischen Handhabe des Denkmalschutzes, drängt sich schon allein aufgrund der Tatsache auf, dass die dafür notwendige Zerstörung historischer Bausubstanz – „zwischen modernen Häusern wiederholt [stehende] völlig veraltete, vorspringende, niedrige Häuser“ – bereitwillig in Kauf genommen wurde, teils unter Zustimmung des Bundesdenkmalamtes (Abb.3).
Die Konzeption und ideologischen Hintergründe, der tatsächliche Umfang und die Auswirkungen der getroffenen Maßnahmen sollen im Rahmen dieses Dissertationsvorhabens aufgearbeitet werden. Darüber hinaus wird das Verhältnis dieser (städte-)baulichen Eingriffe zu den damaligen Positionen der Denkmalpflege und der Praxis des Denkmalschutzes eingehend untersucht. Ein Vergleich mit den in Deutschland und Italien in etwa zur selben Zeit umgesetzten Maßnahmen der „Entschandelung“ und des „Risanamento“ soll Parallelen und Zusammenhänge aufzeigen, die in der Forschung bisher noch nicht aufgearbeitet wurden.